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Die russische Wirtschaft wächst trotz der Sanktionen. Warum ist das so?

Trotz der westlichen Sanktionen erweist sich die russische Wirtschaft als widerstandsfähiger als erwartet, denn die Industrieproduktion nimmt deutlich zu. Ausgerechnet der Konflikt trägt wesentlich...
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Putin: Die Wirtschaft hat den Angriffen des Westens standgehalten

In einer Rede in St. Petersburg lobt Kremlchef Putin die russische Wirtschaft und kritisiert gleichzeitig den ukrainischen Präsidenten. Auch eine Aussage zur nuklearen Rüstungskontrolle sorgt für Überraschung.

Nach mehr als einem Jahr des Konflikts hat der russische Präsident Wladimir Putin eine positive Bilanz der wirtschaftlichen Entwicklung gezogen. Der Kremlchef erklärte bei seinem Auftritt auf dem St. Petersburger Wirtschaftsforum, dass „die Strategie, die der Staat und die Wirtschaft gewählt haben, funktioniert hat“, obwohl das zweite Quartal des vergangenen Jahres aufgrund der Umstellungen besonders schwierig war.

Seinen Prognosen zufolge wird das Wirtschaftswachstum in diesem Jahr zwischen 1,5 und 2 Prozent liegen, und die Inflation wird niedriger sein als in der Eurozone. Putin erläuterte auch das föderale Haushaltsdefizit. Er erklärte, das Defizit sei das Ergebnis staatlicher Infrastrukturausgaben, die vorgezogen worden seien. Außerdem räumte der Kremlchef erhöhte Ausgaben im Verteidigungssektor ein.

Russland hat den Abzug westlicher Unternehmen erfolgreich verkraftet. Putin erklärte, russische Unternehmen hätten die frei gewordenen Nischen schnell besetzt. Der Schwerpunkt der staatlichen Politik liegt derzeit auf dem Schutz der heimischen Wirtschaft. Dennoch garantierte er, dass Russland sich ausländischen Investoren nicht verschließen werde.

Nach dem Beginn des aggressiven Krieges Russlands gegen die Ukraine verhängten die westlichen Staaten Sanktionen gegen Russland. Nach dem Ausbruch des Konflikts verließen auch viele ausländische Unternehmen Russland.

Putin wird den Mindestlohn um 18,5% erhöhen
Putin hat angekündigt, dass er den Mindestlohn in Russland um 18,5% erhöhen will. Der Kremlchef erklärte: „Am 1. Januar 2024 werden wir eine weitere Erhöhung um 18,5% vornehmen, die deutlich über der Inflationsrate und dem Lohnwachstum im Allgemeinen liegt.“ Derzeit liegt die Inflation in Russland bei 2,9%.

Putin versprach auch, Müttern bis zum Alter von eineinhalb Jahren Kindergeld zu zahlen, unabhängig davon, ob die Mutter wieder arbeiten geht oder zu Hause bleibt. Die sozialen Garantien dienen dazu, seine eigene Bevölkerung zu beruhigen. Seit Beginn des Konflikts erwähnt Putin in der Regel kaum oder gar nicht die enormen Krisen, die bestimmte Sektoren der russischen Wirtschaft, wie z.B. die Automobilindustrie, durchgemacht haben.

Putin beleidigt Selensky

Putin hat den ukrainischen Staatschef Wolodymyr Selenskyj verhöhnt. Seit meiner Kindheit habe ich zahlreiche jüdische Bekannte. Sie behaupten, dass Selenskyj kein Jude ist. Putin erklärte, dies sei eine Schande für das jüdische Volk. Diese Aussage erntete Beifall von den Zuhörern, unter denen sich zahlreiche Kreml-treue Politiker und die Führer mehrerer völkerrechtswidrig annektierter ukrainischer Gebiete befanden.

Moskau rechtfertigt seinen aggressiven Krieg gegen das Nachbarland immer wieder mit der propagandistischen Behauptung, die Ukraine müsse von „Neonazis“ befreit werden. Da Selenskyj jüdischer Abstammung ist, lösen solche Äußerungen auch international Empörung aus. Außerdem wurden unter den Zehntausenden von Opfern der russischen Angriffe in der Ukraine mehrfach Überlebende des Holocaust identifiziert.

In der Ukraine hat unter anderem der Oberrabbiner Moshe Asman Putins Aussagen widerlegt. Asman sagte der Agentur Unian: „Ich persönlich bin stolz auf Präsident Selenskyj, weil er nicht geflohen ist und alles tut, um das ukrainische Volk zu schützen.“ Ich glaube, der ganze Globus ist stolz auf ihn.

Kremlkommandeur dementiert ukrainische Erfolge an der Front

Putin hat Berichte über ukrainische Siege an der Front zurückgewiesen. „In keinem Abschnitt haben sie ihre Ziele erreicht“, erklärte der Kremlchef. Die Ukraine hingegen, die sich seit fast 16 Monaten gegen einen russischen Angriffskrieg verteidigt, hat im Rahmen ihrer laufenden Gegenoffensive seit einigen Tagen kleinere Gebietsgewinne gemeldet. Außerdem bescheinigen internationale Beobachter dem angegriffenen Land erste Erfolge bei der Befreiung der besetzten Gebiete.

Der Präsident kritisierte erneut die westlichen Waffenlieferungen an die angegriffene Ukraine. „Natürlich stellen wir fest, dass die westlichen Nationen ihre größten Anstrengungen unternehmen, um Russland (…) auf dem Schlachtfeld zu besiegen“, sagte er. Ihm zufolge hat die russische Rüstungsindustrie ihre Produktion im Vergleich zum Vorjahr jedoch bereits mehr als verdoppelt. Zunächst konnte der behauptete Produktionsanstieg nicht unabhängig überprüft werden.

In der Zwischenzeit erregte Putins Aussage zu den Patriot-Flugabwehrsystemen, die die russische Armee angeblich zerstört hat, besondere Aufmerksamkeit in den russischen Medien. Putin behauptete, insgesamt fünf Patriots seien in der Region Kiew funktionsunfähig gemacht worden, obwohl die Ukraine nur zwei solcher Systeme von ihren westlichen Verbündeten erhalten hat, eines davon aus Deutschland.

Putins Äußerungen über die mögliche Lieferung von F-16-Kampfjets an die Ukraine erregten ebenfalls Aufmerksamkeit. Wenn die Flugzeuge außerhalb der Ukraine stationiert würden, würde die russische Seite „prüfen, wie und wo wir diese Anlagen zerstören“, sagte der Kremlchef. Kurze Zeit später widerrief sein Sprecher Dmitri Peskow und erklärte, dass Russland die Flugzeuge angreifen würde, wenn sie auf ukrainisches Territorium geliefert würden.

Putins Erklärung zur Abrüstung sorgt für Aufregung

Putin sprach auch die nukleare Abrüstung an. Er sagte in St. Petersburg: „Wir haben mehr dieser Waffen als die NATO-Staaten“. Der Kremlchef fuhr fort: „Sie wissen das, und sie setzen uns ständig unter Druck, Gespräche über eine Reduzierung aufzunehmen“, und fügte hinzu: „Scheiß drauf, Sie verstehen“, wie man in unserem Volk sagt.

Später musste Kreml-Sprecher Peskow diese Äußerungen vor Journalisten erläutern und kontextualisieren. Er bekräftigte: „Russland ist zu Verhandlungen bereit“.

Russland hat das letzte wichtige Abkommen mit den Vereinigten Staaten über nukleare Rüstungskontrolle, den „New Start“-Vertrag, Anfang des Jahres inmitten internationaler Proteste als Reaktion auf seine Aggression gegen die Ukraine ausgesetzt. Dieser Vertrag regelt Inspektionen und begrenzt die Atomwaffenarsenale beider Länder. Die US-Regierung schlug Russland und China daraufhin Anfang Juni Gespräche über die Kontrolle von Atomwaffen „ohne Vorbedingungen“ vor. Anstatt zu warten, bis alle bilateralen Differenzen ausgeräumt sind, erklärte Washington, dass es bereit sei, Verhandlungen aufzunehmen, um das Entstehen neuer Konflikte zu verhindern.